WS 2012/13
Migration: Auflösungen und Grenzziehungen
Auch die erziehungswissenschaftliche Perspektive auf Migration war lange Zeit von der nationalgesellschaftlichen Sicht dominiert, migrantisch geprägte Lebenslagen und Biographien entweder als Risiko oder Chance, bzw. Belastung oder Bereicherung für Bildung, Schule und andere pädagogische Institutionen wahrzunehmen. Inzwischen lassen sich allerdings vermehrt auch solche Stimmen im Diskurs vernehmen, die eine derartige gleichsam verengte und jeweils einseitige Perspektive zugunsten eines komplexeren und differenzierteren Verständnisses von Migration und Bildung verlassen wollen. Zu dessen Erweiterung gehört sicherlich, zum einen den Begriff von kultureller Differenz kritisch zu betrachten, zum anderen Kulturalisierungen und Ethnisierungen, wie sie sich immer wieder sowohl in institutionalisierter pädagogischer Praxis als auch in erziehungswissenschaftlicher Theorie finden lassen, reflexiv aufzuarbeiten. Ebenso gilt für solche Positionen, die politische Diskussion, in der weiterhin extrem vereinfachte und reduzierte Vorstellungen über Migration vor allem im Zusammenhang mit der schillernden Debatte um den Begriff „Integration“ und dessen assimilationistischer „Schlagseite“ kursieren, zu analysieren, und damit eine in der hiesigen Öffentlichkeit immer noch fast ausschließlich nationalgesellschaftlich geführte Debatte für den globalen und internationalen Kontext, in dem Migrationen stattfinden, zu öffnen. Durch Migration, so lässt sich strukturell betrachtet sagen, werden symbolische, aber auch rechtliche sowie territoriale Grenzen problematisiert und irritiert. Sie können aufgelöst, aber stets auch wieder neu gezogen werden. Ziel der Abendgespräche im Wintersemester 2012/13 soll es sein, allesamt kritisch-reflexive Beiträge zu diskutieren, die solchen Auflösungen und Grenzziehungen theoretisch und empirisch auf die Spur zu kommen suchen.
Plakat_WS_12_13.pdf
(135,2 KB) vom 24.11.2023
Termine
- Montag, 05.11.2012, 1815 – 2000 Uhr
Prof. Dr. Paul Mecheril (Oldenburg):
Erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung als Kritik - Montag, 26.11.2012, 1815 – 2000 Uhr
Prof. Dr. Inci Dirim (Wien):
’Kiezdeutsch’ - Eine Reaktion auf schulische Ausgrenzungen? - Montag, 03.12.2012, 1815 – 2000 Uhr
Prof. Dr. Carsten Keller (Duisburg-Essen):
Übergänge ins Erwachsenenalter. Migrantennachkommen im
deutsch-französischen Vergleich - Montag, 14.01.2013, 1815 – 2000 Uhr
Prof. Dr. Sabine Hess (Göttingen):
Vom Transnationalisierungsansatz zur ethnographischen
Grenzregimeforschung – Skizze eines Forschungsprogramms - Montag, 28.01.2013, 1815 – 2000 Uhr
Prof. Dr. Isabell Diehm (Bielefeld):
Zur qualitativen Erforschung ethnisch codierter Ungleichheit in
Bildungsorganisationen